Roma e Toska – Das Weihnachtsstaunen

Auf meiner Website Roma e Toska gibt es einen Blog, in dem ich jeden Tag schreibe, was mich umtreibt, über Mode, über Lifestyle, über die großen und kleinen Dinge des Lebens. In diesem Monat ist daraus ein »Adventskalender« entstanden – jeden Tag mit einem Türchen, das sich für einen Gedanken öffnet. Eines öffne ich heute für Euch Leser*innen, dahinter liegt etwas, das nichts kostet, Kinder können es, ohne es zu lernen, man muss nur die Augen öffnen und ein kleines Stückchen auch das Herz. Vielmehr ist es nicht, und doch ist es eines der Wunder unseres Lebens: das Staunen. Wer es verlernt, macht seine Welt öde und grau. Für all die anderen ist es prall gefüllt.

Worüber wir staunen, das mag unterschiedlich sein, es kann riesig sein, eine der Errungenschaften der Menschheit, außergewöhnliche Fertigkeiten, so etwas in Richtung der sieben Weltwunder. Aber ich verrate Euch eines, das Staunen hat etwas mit dem »Kosmos in der Nussschale« zu tun, der Faszination im Kleinen und im Alltäglichen. Hier schult sich das Auge, wärmt sich die Seele.

Nun ist Sylt für die meisten nicht gerade etwas Alltägliches. Es ist Sehnsuchtsort, verbunden mit Luxus, Wünschen und Erwartungen. Die meisten, die kommen, haben das Staunen vergessen. Sie sind gehetzt, verhaftet in ihrem So-Sein, Soll-Sein, Muss-Sein. Alles tödlich für das Staunen. Dabei fällt gerade hier auf der Insel das Staunen so leicht.

In Fell-Weste, Mantel und Schal eingehüllt, gehe ich am Strand entlang oder über die vereisten Wege der Heide runter zum Watt. Unter meinen Füßen knirscht der Schnee, knackt das dünne Eis auf den Pfützen. Allein das Geräusch weckt in mir Erinnerungen an früher, als ich klein war. 

Erstes Packeis hat sich vor ein paar Tagen gebildet, über das das letzte Licht des Tages türkis-violett schimmert, bevor der Mond es silbrig ablöst. Es ist ein zartes Farbspektrum, das meine Sinne liebkost, mich inspiriert, an vergangene und zukünftige Kollektionen denken lässt. Ich bleibe stehen, die Hände tief in den Taschen mit den drei Muscheln, die ich am Morgen gesammelt hatte. Die Hunde sind gerade noch als dunkle Silhouetten auszumachen. Mein Staunen führt mich zum stillen Glücklich sein. 

Frohe Weihnachten!

Birgit Gräfin Tyszkiewicz