Roma e Toska

Die Brombeermarmelade

Jeder besitzt aus seiner Kindheit ein paar Erinnerungen an Rituale, Gesten und Handlungen, die ihn sofort wieder Kind werden lassen: Auf einer Schaukel sitzen, rücklings im Gras liegen und den Himmel anschauen oder wie ich, Brombeeren pflücken. Der Tag kann noch so hektisch und fordernd gewesen sein, ich laufe mit meinen kleinen Eimerchen entlang der Wege mit den wilden Sträuchern links und rechts und dem Blick über die Braderuper Heide rüber zum Watt, dann bin ich das Mädchen von acht Jahren. 

Wie sie sich unter den grünen Blättern verstecken, in Trauben zusammenhängen, dunkelrot bis beinahe schwarz, ich entdecke sie alle. Geschickt schiebe ich meine Hand an den dornigen Ästen vorbei, um sie mit den Fingern vorsichtig zu greifen. Die Hunde liegen entspannt neben mir, trollen ein wenig vor und wieder zurück. Manchmal begleitet mich Donna ein paar Schritte, das stämmige Pferd, deren Vorfahren in Irland die Wagen der Kesselflicker zogen. Ihre Besitzerin unterhält sich leise mit ihr, während Donna die Hagebutten mit ihrem großen Maul abzupft und frisst. Hört sich an wie bei Astrid Lindgren in Bullerbü, und ist es auch ein bisschen, eben Kindheit, und das alles nur wenige Minuten von dem Society-Leben in Kampen entfernt. 

Es vergeht die Zeit, eine Stunde, zwei Stunden, ich summe Lieder von früher wie »Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere, weil diese Tiere groß sind …«. Es kommt unwillkürlich, so wie bei Kindern, egal ob die Töne dazwischen falsch sind und der Text ganz dummerhaftig. Wenn die Eimer voll sind, dann geht es zurück zum Abendessen. Die Sonne steht tief hinter dem Strandkorb, und wenn die Temperaturen es noch zulassen, dann hat mein Mann davor den Tisch gedeckt. Er ist es auch, der aus meiner Beute eine köstliche Marmelade kocht. Wer in den nächsten Tagen vorbeischaut bei Roma e Toska, kann sich das Rezept dazu abholen. Und gleichzeitig erzählt der Graf von all den anderen schönen Dingen, die sich dort finden lassen: der Vintage-Schmuck von Yves Saint Laurent, die Keramik aus dem Bauhaus Umfeld, die Blusen und Blazer mit den Delfter Fliesen und vieles, vieles mehr.

Ich bin inzwischen in Oberitalien am Comer See, wo das Motiv zu den Brombeeren auf Stoff gedruckt wird. Es wird meine kleine Edition für den Herbst: der Brombeer-Seiden-Schal. 

Birgit Gräfin Tyszkiewicz