Roma e Tosca

In Zeiten des Wandels

Mode hat immer etwas mit Veränderung zu tun. Jede Kollektion ist wieder neu, Vorlieben wechseln sich ab. Die Röcke sind kurz oder lang, eng oder weit, die Schultern mal breit oder schmal. Die Farben heißen »Kapitäns-Blau« und dann wieder »Tiefer Ozean«. Über Coco Chanel hieß es: Immer wieder anders, immer wieder gleich. Und das war als Kompliment gedacht. Yves Saint Laurent sprach von Stil und nicht von Trends. Darum ging es den großen Couturiers und mir ebenso, eine Handschrift entwickeln und in dem ständigen Wandel die Kontinuität entdecken. 

Roma e Toska ist gerade 20 Jahre alt geworden, was für eine fabulöse Geschichte von den ersten Anfängen mit den selbstgenähten Kleidchen für meine Töchter Roma (damals sieben) und Toska (damals vier) bis zu den exklusiven Entwürfen für die anspruchsvollen Frauen. Ich hatte eine Vision, auch wenn sie noch so diffus war und sich kaum formulieren ließ: der Individualität auf die Spur gehen. Was macht Persönlichkeit aus und wie kann ich sie kreativ unterstreichen? 

Für die damalige Mädchen-Kollektion war es einfach, ich musste die Kinder einfach beobachten, wie sie spielten, wie sie lachten und wie sie sich verkleideten. Meine Ideen folgten ihrer Fantasie. Und so entstanden die ersten Entwürfe, die sich vorsichtig zu Kollektionen formten: Die »Freiheit auf den Barrikaden« mit Mini-Korsagen und Spitze aus dem 18. Jahrhundert. Es folgten »Hawaii«, »Zirkus«, »The Beauty of the Ordinary«, »Seascape« und zum Schluss »Journey to the Moon«. Es ging einmal um die Welt. Roma e Toska lieferte an Harrods in London, Tsum und Gum in Moskau, Aserbaidschan, Kuwait, Bahrain, Jordanien, Saudi-Arabien, in die USA… Wenn ich daran denke, wie sich alles geändert hat. In manchen Ländern ist jetzt Krieg. 

Dann machte ich eine Kehrtwende um 180°, startete wieder ganz klein. Sylt, eigenes Geschäft, Hamburg. Nun war Roma e Toska eine Marke für Women Fashion und ich dort angekommen, wohin es mich hindrängte: Den Frauen eine Hülle geben, die ihre Persönlichkeit unterstreicht. So etwas gelingt nur intuitiv, wenn Kreativität sich keinen Marktstrategien anpasst, mit schönsten Materialien, einem guten Team und einer großen Nachhaltigkeit. Dann entstehen »Lieblingsstücke«, die einen ein Leben lang begleiten. 

In den letzten Tagen erhielt ich viele SMS und Emails, in denen mir Kundinnen von damals erzählten, dass sie die Teile immer noch besitzen, aufgehoben für die nächste Generation. Oder es wurde mir berichtet, dass sie viele Kollektionen miteinander kombinieren, dass es immer aktuell aussieht, selbstverständlich und modisch zugleich. Das sind die schönsten Komplimente, gerade in Zeiten des Wandels und der Verunsicherung, in der Mode (scheinbar) zur Nebensache wird. Für mich ist sie das nie geworden und nun spreche ich nicht als Designerin, die damit ihren Lebensunterhalt verdient. Ich schmücke mich mit Mode, ich demonstriere meine Stimmung, gehe beschwingt, wenn der Rock um meine Beine streicht und fühle das edle Material auf der Haut als mir zugehörig. 

»Fashion Matters«, wie oft habe ich diese Worte schon erwähnt. Mehr denn je, würde ich behaupten, denn wir müssen uns auf uns besinnen, wer wir sind und wer wir sein wollen in Zeiten von Unsicherheit.

Das Geschäft in Kampen auf Sylt ist geöffnet, es lädt ein mit Kerzen und Musik, dem Mix aus Kunst und Mode, Keramiken aus der Weimarer Zeit bis ins Mid-Century und all den Geschichten, die sich daraus ergeben. Wer darüber hinaus mehr erfahren will, der besucht meinen Blog, in dem ich täglich schreibe, was mich so umtreibt: blog.romaetoska.com

Birgit Gräfin Tyszkiewicz