COUNTDOWN FÜR DIE GEGENWELT
Es ist der 17. September 1787, dann der 21. Juni 1788 und schließlich der 4. März 1789 als die erste Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika in Kraft tritt. Die USA wurden eine föderale Republik mit einem Präsidenten und einer Gewaltenteilung (Checks and Balance) zwischen Regierung (Exekutive), Gesetzgebung (Legislative) und Rechtsprechung (Judikative).

Die 55 Delegierten in Philadelphia hatten ein Mamut Werk gestemmt, geprägt von den Idealen der Aufklärung und der Bill of Rights, die ein Jahrhundert zuvor in Großbritannien die Macht dem Parlament übergaben. Männer wie James Madison erklärten und kommentierten damals die Ausarbeitung der amerikanischen Konstitution. Ihnen war klar, dass es Fehler besaß, dass das Gerüst nur funktionieren konnte, wenn dahinter Staatsmänner stehen, von denen man die »erhabenste Integrität und die erhabenste Tugend erwarten« muss, so heißt es in einem ihrer Essays aus der Zeit. Madison hatte 236 Jahre zuvor unser Heute vorausgesehen: »Wenn nicht, befinden wir uns in einer erbärmlichen Lage.«
Vor kurzem saß ich bei einem Dinner einem Mann gegenüber, ein Lobbyist mit weitreichenden Verbindungen. Wir unterhielten uns über dies und das. Ich gebe zu, ich war beeindruckt von seinem Detailwissen, bis er begann, es manipulativ einzusetzen. Ein künftiger Präsident Donald Trump würde doch nicht schaden, meinte er souverän, überhaupt wäre es egal, wer da an die Macht käme. Geschickt und subtil verdrehte der eben noch sympathische Herr die Tatsachen. Dabei lächelte er ständig, als habe er das Recht, nur von den eigenen Vorteilen zu sprechen. Für ihn besaß es keine Bedeutung, was die Väter der amerikanischen Demokratie einst forderten: Einen Mann oder eine Frau von »Tugend und Weisheit zu wählen«. Stattdessen sprach er von nostalgischer Verklärung und einem altgewordenen machtlosen Europa. – Ein Verrat an unserem geistigen Erbe mit ungewissem Ausgang für die Zukunft, meine Antwort.
Wir können nicht beeinflussen, was gerade in den Wahlen auf der Welt passiert, in Georgien, in Moldau, in den USA. Aber wir dürfen unsere Menschlichkeit nicht vergessen mit einem Gemeinwesen, das jeder für sich prägt, mit einer Kultur, einem Stil, mit der Sehnsucht nach Schönheit, dem Verlangen, zu erzählen und dem anderen zuzuhören. Ich stehe mit meiner Mode dafür ein, mit dem, was ich im Kapitänshaus vorstelle, mit den kleinen Gesprächsrunden, die wir dort veranstalten und die so besonderes sind … Ich gebe nicht Klein bei, wenn Autokraten übernehmen!
Birgit Gräfin Tyszkiewicz