»Zugfahrt nach Sylt.
Mit der Marschbahn durch
ein Land ohne Eile“
Wer in den Norden reist, kennt sie – die Marschbahnstrecke zwischen Hamburg und Sylt. Für die einen kurzweilige Erlebnisfahrt, für die anderen dreistündige Langeweile auf Schienen. Oftmals als Lebensader von Sylt und augenzwinkernd als Brücke zum Kontinent bezeichnet, hat die prominente Bahnstrecke auch immer etwas Verbindendes. Weniger bekannt und buchstäblich im Windschatten von Stadt und Insel gelegen – die Landschaften längs der Marschbahnstrecke. Den Landschaftsmaler Lars Wiggert beeindrucken sie dennoch oder vielleicht gerade deshalb nachhaltig. Er spricht den langgestreckten Weiten eine Schönheit zu, »die auf unaufgeregte Weise ihr Dasein behaupten und die Seele beruhigen oder sie auf Reisen schicken.«
Lars Wiggert, »Reisende Kunst« (Fotos: Lars Wiggert)
Als gebürtiger Sylter, ehemaliger Schulpendler zwischen Niebüll und Westerland und Wahl-Hamburger ist ihm die Bahnstrecke zwischen Heimatinsel und Hansestadt bestens vertraut. Unzählige Male sah er Deiche, Köge und Windräder an sich vorbeiziehen, ebenso häufig verspürte er den Drang, den Zug der Zeit für einen kurzen Moment zum Stehen zu bringen. »Um die vorbeifliegenden Landschaften ausgiebiger betrachten zu können, habe ich irgendwann damit angefangen, die flüchtigen Zugfenster-Blicke mit der Kamera festzuhalten«, berichtet Lars Wiggert. Daraus erwuchs vor zehn Jahren das Projekt »Hamburg-Sylt: Die Landschaften einer Zugreise«. Seinem Aufruf, sich mit einem Beitrag zu beteiligen, folgten damals viele seiner Weggefährten. »Jeder, ganz gleich ob Insulaner*in, Inselliebhaber*in oder Pendler*in, hatte eine erzählenswerte Geschichte zur Marschbahn und ihren Landschaften beizutragen.«
Zehn Jahr später nimmt Lars Wiggert das gemeinsame Projekt nochmal auf und macht es zum Thema der Folgeausstellung »Zugfahrt nach Sylt. Mit der Marschbahn durch ein Land ohne Eile«. Erneut lassen sich alle damaligen Mitreisenden auf diese Entdeckungsreise ein. »Wir folgen dabei nicht dem fahrplanmäßigen Verlauf der Marschbahn, sondern einem gefühlten Streckenfahrplan – den Bedarfshaltepunkten der Autorinnen und Autoren.« Dazu zählen der Nord-Ostsee-Kanal bei Hochdonn ebenso wie das Wattenmeer auf beiden Seiten des Damms. Einige sind fasziniert von den nordfriesischen Reisfeldern oder der Treenelandschaft bei Friedrichstadt, andere von vermeintlich weniger spektakulären Eindrücken wie den Krähennestern in den Bäumen am Niebüller Bahnhof. Ganz gleich, welcher Haltepunkt von Lars Wiggert und seinen Mitreisenden angesteuert wird – Landschaftsporträts und Wortbeiträge verdichten sich auf dieser ungewöhnlichen Reise zu einer Liebeserklärung an die Marschbahn-Landschaften.
Landschaftsmaler Lars Wiggert
Von »zauberhaften Bildern« spricht Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der in seinem Geleitwort der Ausstellung feststellt: »Wer von Hamburg nach Westerland reist, dem wird ganz viel authentisches Schleswig-Holstein geboten. Mir hat es große Freude bereitet, zu sehen, wie sich Lars Wiggert die vorbeieilenden Landschaften künstlerisch erschlossen hat.«
Zu sehen sind die Arbeiten in der Stadtgalerie »Alte Post« in der Stephanstraße 4 in Westerland vom 1. bis 27. Dezember. Zur Ausstellung gehören 50 farbgewaltige, fast schon ins expressionistisch reichende Landschaftsporträts mit kurzen Beiträgen der Mitreisenden. Die Vernissage findet am 30. November um 18 Uhr statt. Geöffnet ist die Ausstellung von Montag bis Freitag von 11 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr sowie Sonnabend von 10 bis 14 Uhr.