Sind wir achtlos geworden, was den Umgang mit den täglichen Dingen anbelangt? Produkte »Made in China« überschwemmen unsere Märkte, Blumenvasen, Schalen, Geschirr. Praktisch muss es sein, in die Geschirrspülmaschine passen, vielleicht noch in den Farbkanon der Inneneinrichtung gehören. Was dann auf dem Tisch landet, ist meist namenslos und austauschbar.
Wie heißt es so schön: Da ist noch Luft nach oben. Warum nicht etwas kaufen, sammeln und genießen, dass dazu noch viel mehr ist. Ich denke an Wilhelm Wagenfeld (1900 – 1990) und seinem Slogan »Täglich in der Hand«. Damit verfolgte der ehemalige Bauhaus-Schüler die Grundgedanken seiner berühmten Schule: industriell gefertigt, praktisch, zeitlos, schön. Sein Teeservice von 1931 aus Jena Glas war damals eine technische und gestalterische Revolution im Design. Es besteht aus feuerfestem mundgeblasenem Glas und kann damit – Hausfrauen und Hausmänner aufgemerkt – in die Geschirrspülmaschine. Es ist auch längst nicht so delikat, wie seine zarte transparente Form befürchten lässt. Keine Schnörkel, keine überflüssige Dekoration, so das Formenvokabular. „Less ist more“ oder „Reduce to the max“, wie es zeitgenössisch heißt. Trotzdem kann das Auge sich nicht sattsehen. Es gibt Weniges von dieser Perfektion wie das legendäre Teeservice. Es befindet sich im Museum of Modern Art in New York und in vielen Sammlungen rund um die Welt. Es könnte aber auch täglich bei uns auf dem Tisch sein. Das ist das überraschend Aufregende daran: es ist noch zu haben, hat Krieg und Wirtschaftswunderzeiten schadlos überstanden und ist so modern wie zu seiner Entstehung. Wir trinken unseren Tee daraus. Meine Töchter in Paris und auf der Réunion haben es für sich im Gebrauch. Die junge Juristin-Freundin hat sogar das gesamte Service erworben, andere sammeln es Stück für Stück, Tasse und Untertasse nach der anderen. Auch so etwas bringt Spaß, nicht alles sofort und komplett zu haben, sondern stattdessen warten, suchen, recherchieren, bis dann sukzessive etwas derart Museales in unseren Besitz kommt. Es wird Zeit, dass wir unser »täglich in der Hand« befragen, unseren Alltag mit Dingen bereichern, denen kein »Made in China« anhaftet. Mein Mann, Krzysztof Graf Tyszkiewicz, wird in dieser Woche mit mir im Kapitänshaus sein und kann ausführlich berichten von Wilhelm Wagenfeld, dem Bauhaus, Jena Glas und wie man erkennt, wenn etwas zur ersten Edition gehört. Vollständig wurde das Service vor einigen Jahren bei Sotheby’s für über € 5.000 versteigert. Die Einzelteile kosten bei Roma e Toska ab € 60, ein Taschengeld. So beginnt Leidenschaft. Birgit Gräfin Tyszkiewicz