DIE WELT HINTER DER WELT

Eine Kolumne von
Birgit Gräfin Tyszkiewicz

Vor kurzem schickte mir eine gute Kundin Fotos von Bildern, die die Kinder in ihrer Schule gemalt hatten. Dazu schrieb sie: “Wir träumen uns als Klasse gemeinsam in so manche Fantasiewelten.” Ein kleiner Junge nannte sein Bild: “Die Welt hinter der Welt”. Ich nehme es als Inspiration für diesen Beitrag. Zwar male ich nicht mehr wie ein Kind, aber ich trage den Regenbogen in mir, sehe in den Wolken Fabelwesen und glaube an Feenwiesen … Es ist am frühen Abend hier auf der Insel.

Der Tag verlief ereignislos und die aktuellen Nachrichten reichen, ob wir wollen oder nicht, weit in unser Bewusstsein hinein. Ich schlüpfe in den neuen roten Rock, dazu die grüne Wolljacke, ein dicker Cashmere-Schal, Stiefel. In letzter Minute greife ich noch die Vintage-Ketten von Yves Saint Laurent. Sie helfen mir, den Weg in das Märchen leichter zu finden. Mein Blick ist geschärft, ein Baum ist nicht mehr nur ein Baum, sondern er ist das knorrige Wesen meiner Kindheit, mit den Blättern, die sich krampfhaft vor dem Herbstwind festhalten, und der Rinde, die wie abstrakte Malerei aussieht. Vorsichtig drapiere ich die erste Kette zwischen die morschen Zweige. Ich bin ganz still, bedächtig und delikat mit meinen Fingern, will nichts abknicken, nichts beschädigen. Lautlos ziehe ich die nächste Kette aus meiner Tasche. Psst! Selbst die Vögel halten den Atem an, während ich mich vorbeuge, um das Schmuckstück auf den moosbewachsenen Ast zu legen, als hätte eine Prinzessin es abgestreift, um ein Bad zu nehmen und es dort vergessen. Das Abendlicht verblasst mehr und mehr. Ich suche noch ein Rot, ohne das meine Fabelwelt nicht komplett wäre. Es ist das Rot der Rubine, der Früchte und Beeren des Waldes in der anderen Welt, in der es keinen Hunger gibt, keine Not, in der Rot gleich Leben ist, in der man die Bijoux Fantasie trägt ohne Neid und Missgunst … Wieviel Zeit mittlerweile verstrichen ist? – Ich habe keine Ahnung. In der Welt hinter der Welt fragt man so etwas nicht. Mehr Geschichten gibt es bei Roma e Toska im Kapitänshaus, mit meinen Kollektionen, Accessoires, Ardmore aus Südafrika, Kunst und Antiquitäten. Birgit Gräfin Tyszkiewicz