Roma e Toska

Ein Wort schöner als schön.

Ein paar Wochen habe ich Pause gemacht mit meiner kleinen Kolumne. Ich habe überlegt, welche Wörter wir benutzen, für das, was wir beschreiben wollen. Unser Repertoire ist sparsam geworden. Schnell landen wir bei »einzigartig« oder »hervorragend«, »beeindruckend«, »großartig« …, wenn wir loben wollen. Ist das so? Und wenn ja, wie wäre es noch zu toppen, was kommt danach, wenn es noch schöner wird als schön und noch einzigartiger als einzigartig. Sprache ist dehnbar auf der Suche nach den richtigen Begriffen und ihren Synonymen. 

Fangen wir bei dem Essen an. Fast jeder benutzt das »Lecker!«, egal, ob es die Marmelade zum Frühstück ist oder das Sandwich am Mittag, das Steak am Abend. Alles ist »lecker« und lässt sich steigern zu »am leckersten«. Der Zuhörer bekommt eine unklare Information, ist es köstlich, ist es raffiniert, ist es vielleicht sogar eine Explosion der Aromen oder eine Poesie der Zutaten? Wir können doch mal verbal erfinderisch werden. 

Am schwierigsten taten sich meine Praktikantinnen mit der Beschreibung von Modellen oder gar Outfits. Schnell waren sie wieder bei den gängigen Superlativen angelangt und vergaßen darüber wie der Stoff entlang der Silhouette fließt, wie er schwingt bei jedem Schritt, dass ein Rock vielleicht spröde sein kann in seiner Architektur, ein Wollbouclé widerspenstig, eine Seide schmeichelnd und die Knöpfe frech. 

Was ich damit sagen will? Wir sollten uns die Welt zurückerobern mit Wörtern, tastend und forschend. Das Grün im Mai, wie sieht es aus? Wir sammeln dafür einen ganzen Sack voll Adjektive. Und genauso ist es mit dem Meer. Uns ist die Sprache gegeben, um es jeden Tag ein wenig anders zu denken, das Meer. 

Ganz zum Schluss fällt mir in diesem Zusammenhang John Keats (1795 – 1821) ein und sein Liebesbrief an Fanny Browne (Juli 18, 1819), einer der schönsten, die jemals geschrieben wurden: 

»I want a brighter word than bright, a fairer word than fair. I almost wish we were butterflies and liv’d but three summer days – three such days with you I could fill with more delight than fifty common years could ever contain.« 

Birgit Gräfin Tyszkiewicz

Roma e Toska spendet von jedem Kauf eine Summe an das Deutsche Rote Kreuz »Nothilfe Ukraine«.