Sylter Stolpersteine: »Glänzend in den Sommer«

Aktion »Kein Vergessen«

Es gibt mehr als 75.000 von ihnen und 22 liegen auf Sylt: »Stolpersteine« – ein Kunstprojekt des Künstlers Gunter Demnig, der mit seiner Aktion erstmals 2003 in Schleswig-Holstein an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im Nationalsozialismus aufmerksam machte. Die von ihm verlegten Steine, auf denen die Namen, die Lebensdaten und das Sterbedatum dieser Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft zu lesen sind, finden sich auf den Gehwegen vor dem letzten bekannten und frei gewählten Wohnort der betreffenden Person.

Auf Sylt erinnern sie an Käthe Siegert, Franz Korwan alias Sally Katzenstein, Johanna Herold, Kurt Brüggen, Karl Quaas, Hermann Meinert Hansen, Karl Jessen, Max Feddersen, Heinrich Bohnenhof, Niko Ehlers (alle Westerland), Jens Emil Mungard, Franz Korwan, Elsa Sänger, Ludwig Borstelmann (zwei Steine), Wilhelm Ernst Witteborg (alle Keitum), Walter Henningsen, Tinnum, Erhard Jörgensen (Archsum), Bothilde Callesen (Munkmarsch), Anita Rée (Kampen) und Diedrich Cornelius Diedrichsen (List).

Der Stein von Karl Jessen wird von Silke v. Bremen gereinigt.

Im vergangenen Jahr starteten die Kieler Tommy Ruhfus und Mike Ahlschläger die Aktion »Kein Vergessen«. Dieses Jahr rufen sie erneut dazu auf, am Wochenende vom 22. bis 24. April in ganz Schleswig-Holstein die Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer der Nazi-Herrschaft zum Glänzen zu bringen. Die Liste der Steine und Orte ganz Schleswig-Holsteins ist auf Facebook einsehbar. »Wer unter der Veranstaltungssuche ›Kein Vergessen‹ eingibt, findet uns«, erklärt Ahlschläger. »Und wir haben dieses Frühjahrsdatum gewählt, damit die Steine sauber in den Sommer gehen.« Anregung: Nach dem Reinigen des Steins darf eine Blume und eine Kerze hinzugestellt werden, um auch weitere Passanten auf die Biografie aufmerksam zu machen. 

Der Sylter »Arbeitskreis Erinnerungskultur Nationalsozialismus auf Sylt« beteiligt sich an dieser Aktion und wendet sich an zahlreiche Interessierte, dabei mitzumachen und zu helfen, die Sylter Stolpersteine glänzend durch den Sommer zu begleiten. Pastor Rainer Chinnow, Mitglied des Arbeitskreises, wird mit seiner Konfirmandengruppe einen Stein putzen, seine Kollegen wollen sich anschließen. »Ich werde den Stolperstein von Karl Jessen zum Glänzen bringen. Er liegt in meiner Nachbarschaft, neben dem ehemaligen Haus ›Nordwacht‹, früher der Sitz der Loge ›Frisia zur Nordwacht‹. Jessen war, wie der Großvater meines Mannes, Logenbruder«, erzählt Silke v. Bremen, die die Putzaktion auf Sylt mitinitiiert hat. »Und sein Schicksal berührt mich, weil er im Gegensatz zu anderen Sylter Mitgefangenen nicht aus Neuengamme entlassen wurde, sondern den langen Marsch an die Ostseeküste mitmachen musste und zu Tode kam.«

Die sehr informative Seite der Gemeinde Sylt online unter www.gemeinde-sylt. de/stolperstein gibt mit Biografien und Adressen Auskunft zu allen Personen, denen auf Sylt ein Stolperstein gesetzt wurde. Seinen Stolperstein kann man in der Geschäftsstelle der Sölring Museen per Mail info@soelring-museen.de oder unter 04651/32805 reservieren. Dort erfährt man auch bei Bedarf, wie man die Steine reinigen kann. Die Aktion »Glänzend in den Sommer« findet vom 22. Bis 24. April statt –  wann und mit wem der Stein während dieses Zeitraums gereinigt wird, kann frei eingeteilt werden. Wichtig ist nur, dass er am 24. April abends sauber ist.