PARIS – SYLT

Von der Kunst und den Fashion Shows auf die Insel

Paris – Sylt, meine neue Bahn-Rennstrecke, die bei fast jedem Schaffner eine erstaunte Reaktion hervorrief. »Das ist aber weit«, meinte die eine, da war ich ungefähr auf der Höhe von Frankfurt. »Tja, von Hauptstadt zu Hauptstadt«, meinte der Kontrolleur in der Nordostseebahn. Wir mussten beide lachen.

Ich liebe die Fahrt mit dem Zug, dann kann ich mich erinnern, wie alles war, die kleinen Begebenheiten, der Café Crème an der Ecke, die Kühle des Morgens auf der Haut, meine Gedanken zu den kommenden Kollektionen … 

Paris hat gerade einiges zu bieten, nicht nur das warme Licht des frühen Herbstes, die engen Gassen von Saint-Germain-des-Prés, die Seine, die Parks … Paris ist die Metropole der Kunst mit Christo, der postum den Arc de Trimophe verhüllen ließ, mit der soeben eröffneten Bouce/ Sammlung Pinault für zeitgenössischen Kunst, den Ausstellungen und Museen. Und dann ist es immer wieder die Mode, die wir mit der Metropole an der Seine verbinden. Die Fashion Week findet in dieser Woche statt. Davor gab es endlich wieder die internationale Stoffmesse, Premier Vision. Wohin geht die Mode? Opulenz oder »Stillness«? Wird sie nachhaltiger oder macht sie weiter wie bisher? 

Ich radele durch die Stadt, genieße die Vielfalt. Fashion ist all! Mein Look ist der von Sylt mit der kurzen Hose, den Overknee-Stiefeln, Bluse und Blazer. Man unterscheidet nicht mehr die Anlässe. »Natürlich« ist das neue »Schön«.

Nächster Tag, es ist ganz früh am Morgen, ich möchte den Arc de Triomphe verhüllt mit den ersten Sonnenstrahlen sehen. Mein Outfit, als käme ich noch von der Nacht, das neue oversized Hemd, die Manschetten offen, die schwarze Herrenhose von Dries van Noten, die Ketten, die hellen Stiefel. Und dann steht sie da, diese »Skulptur« von Christo und Jeanne Claude im zarten rosafarbenen Licht. Auf der einen Seite scheint noch der Mond, auf der anderen die Sonne mit dem Eiffelturm. Was für ein Anblick.

Die endlosen Bahnen aus silbernem Aluminium und blauem Poloypropylen legen sich in schwere Falten, erinnern an die Grisaille Malerei der Renaissance, an das Gewand einer griechischen Skulptur oder an die emporstrebenden Säulen einer gotischen Kathedrale. Es ist alles zugleich, Hülle und Verhülltes lassen sich nicht mehr voneinander trennen.

Wenn es stimmt, dann haben Christo und Jeanne Claude schon 1961 das erste Mal über das Projekt nachgedacht. Sie starb 2009, er kurz vor der Realisierung. Dann kam Corona und alles verschob sich. Es war der Herzenswunsch des Künstlers, dass sein Neffe es fertigstellte. Von hier aus, darf man es auch betrachten, als Vermächtnis, wie Kunst Geschichte umdeuten kann. Statt dem Siegeszug der Heere wird der verhüllte Arc de Triomphe zu einem universellen Glauben an das ewig Schöne. So würde ich es interpretieren an diesem Morgen.

Und schon ist Paris wieder vorbei mit einer gewaltigen Dosis Inspiration. Am Gare de l’Est steige ich in den Zug, Karlsruhe, Frankfurt, Hamburg. In Elmshorn gießt es in Strömen, wir drängen uns alle unter einen klapprigen Unterstand. Corona-Abstand nicht möglich, Hauptsache nicht durchnässen. Und da ist er schon, der ersehnte Zug für den letzten Abschnitt der langen Reise: Paris – Sylt. Die Sonne kommt wieder durch, wie ich das Grün liebe, das man so intensiv genießt mit Paris im Kopf. (Alle Outfits gibt es bei uns in Kampen)

Täglich schreibe ich einen Blog über das, was Mode für mich bedeutet, über Trends und Abseitiges, über Kunst und Literatur sowie über Fragen der Zeit. Es gehört zusammen. Wer Lust hat, meldet sich dafür an: www.blog.romaetoska.com. Im Instagram-Account »Countess_Bridget« kombiniere ich meine Gedanken mit Bildern. Es geht nicht um die Oberfläche von Fashion, sondern um ihre Komplexität. Follow me! Freue mich auf Eure und Ihre Besuche.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz