Sorgfältig, verantwortungsvoll, nachhaltig

Roma e Toska produziert im Erzgebirge

Mittlerweile ist man daran gewöhnt, dass Mode kaum mehr in Europa produziert wird, dass in den Kleidungsstücken Made in China, Vietnam, Bangladesch … steht. Chanel beharrt noch auf Made in France, aber Paul Smith, das Urgestein der britischen Mode, hat seine Produktionsstätten in Shenzhen, China. Bally-Taschen verstecken ihr Made in China ganz tief in den Seitennähten … Schade, und wir reden hier von Luxus-Mode.

Roma e Toska, das High-Fashion- Label aus Hamburg, produziert seit Ewigkeiten im Erzgebirge, einer Region, bei der man zunächst an Wiesen, Jägerzaun, Räuchermännchen und geschnitztes Spielzeug denkt. „Made in Germany“ ist, wie die Designerin immer wieder formuliert, „ein Statement für Nachhaltigkeit und Verantwortung“, und hiermit ist nicht nur die Herstellung gemeint, sondern dahinter steht noch sehr viel mehr. Gut ausgebildete Frauen nähen und schneidern fleißig, gewissenhaft und verlässlich die Blazer, Seidenblusen, Röcke und Mäntel.

Und nun Chemnitz! Eine Stadtfeier, ein Konzert, eine große Anzahl friedlicher Menschen, die miteinander genießen und erleben wollen, aber an den Rändern beginnt ein Tumult, entlädt sich eine Aggression, ein Mensch stirbt … und die „bisher so verschlafene und ruhige Stadt Chemnitz rückte in die Weltpresse und wusste selbst nicht, wie das geschah“, so Matthias Köhler (The-Coffee-Jacket), der aus der Stadt stammt, gleich nach der Wende dorthin zurückkehrte, dort lebt und arbeitet. Roma e Toska verkauft exklusiv auf Sylt seine Sakkos und Blazer für Herren und Damen aus original Kaffeesäcken.

Ganz bewusst möchte Sylt life in dieser Ausgabe auf das andere Chemnitz-Erzgebirge und Deutschland hinweisen und schließt sich dem #wirsindmehr an. Seit gut einem Jahr hat der gebürtige Erzgebirgler Frieder Weissbach die Geschäfte in der Manufaktur übernommen, in der Roma e Toska produziert. Hier nicht nur der Blick aus seinem Büro, sondern auch sein ganz persönliches Statement zu seiner Liebe für Chemnitz und die Region: „Ich bin gebürtiger Stollberger (benachbarte Stadt) und in einem Vorort von Chemnitz aufgewachsen. Studium in Leipzig, Halle und Ams­terdam und mit 40 aus beruflichen Gründen zurück nach Chemnitz. Vom Professor zum Unternehmer. Vom Berufspendler zwischen Leipzig und Dresden zum Pendler zwischen meiner geliebten Heimat Leipzig und meiner alten Heimatliebe Chemnitz. Ich genieße das sehr.  „In Chemnitz wird gearbeitet, in Leipzig gehandelt und in Dresden gefeiert“, besagt ein altes sächsisches Sprichwort. Der Volksmund spricht vom „Russkaamns“  (Russ-Chemnitz). Eine Bezeichnung, die durch die vielen stolz rauchenden Schlote der hier blühenden Gründerzeit geprägt wurde.

Chemnitz hat durch Krieg und gnadenlose Abrisse in der DDR seine gesamte Innenstadt verloren. Manchmal habe ich das Gefühl, wir Chemnitzer haben auch durch diesen architektonischen Verlust der Innenstadt ein Stück weit verlernt, Stadt zu sein und vor allem zu leben. Cafés, Kneipen und Geschäfte ringen um Kundschaft. Man ist Neuem und Fremden gegenüber eher skeptisch. Chemnitz ist die am schnellsten alternde Stadt in Europa (Quelle „Eurostat-Demografen“). Schon in zwei Jahrzehnten werden 70,2 Prozent der Bürger über 65 Jahre alt sein. Eigentlich spricht alles für forcierten Zuzug und Zuwanderung, begleitet von motivierter Integrationsleistung aller Seiten. Ein Thema von großer Relevanz! Gesellschaftlich, aber auch wirtschaftlich. Für mich als Mittelständler, und da bin ich sicher nicht der Einzige, ist das vorrangigste Problem, junge motivierte Mitarbeiter zu finden.

Für eine gesunde demokratische Zukunft brauchen wir alle einen klaren besonnenen Blick auf die Probleme unserer Zeit und unserer Stadt. Eine ehrliche Sorge um das offene und tolerante Miteinander, welche uns in die Verantwortung nimmt und nicht ausgrenzt. Kurz gesagt ein waches Bürgertum im besten Wortsinn.“