Roma e Toska

Die Distel

Die Distel ist keine Bezeichnung für ein Pflanze, sondern umgangssprachlich für eine Gruppe von Pflanzen, gemeinhin pieksig, stachelig, grün und störend. Das erste, was man reflexartig macht, man reißt sie raus oder spritzt gar Unkrautvernichter über sie, damit auch ja keine kleinen Distelchen ihr nachfolgen. Hier mein klares Bekenntnis: Ich liebe Disteln. Ich finde sie schön. Ich mag ihr grün.

In der Vergangenheit habe ich schon mehrfach in meinem Blog (www.blog.romaetoska.com) ein Votum für etwas abseitige Flora geliefert, über den blühenden Kaktus oder die Bellis Perennis (das Gänseblümchen). Die Disteln dürfen also nicht fehlen. Und schon stellen die aufmerksamen Leser*innen fest, es gibt eine Gemeinsamkeit: alle drei brauchen keine besondere Pflege, um zu existieren, sie wollen nur bescheiden wahrgenommen werden. Geht uns doch auch so!

Die Distel ist für das geschulte Auge eine Entdeckung. Grün ist nicht gleich grün, und Blatt ist nicht gleich Blatt. Der Intellekt kapiert, dass, wie man in der Buchhaltung nicht mehr von »Unkosten«, sondern nur noch von »Kosten« spricht, auch das Wort »Unkraut« in die »obsolet« Kiste gehört.

Die Distel ist dabei berühmter als manch einer denkt. Sie ist als Stranddistel im Wappen von Kampen auf Sylt, ebenso bei den Schotten. Heraldisch ist sie so wichtig wie die Lilie. Es gibt einen Distelorden, ihr sind Lieder und Gedichte gewidmet, und der französische Künstler Édouard Monet (1832 – 1883) malte sie. 

Wer also demnächst zum Gartenhandschuh greift, um die Distel rauszureißen, der halte einen Moment inne. Vielleicht lohnt es sich, zur Familie der Distel-Beschützer zu gehören, ähnlich wie die Literaten und die Künstler, die Vögel und die Insekten. Was macht die Distel weniger wertvoll als das gemeine Stiefmütterchen, die Primeln, Ranunkeln und wie sie alle heißen? 

Wer Roma e Toska in Kampen besucht, der wird sie finden, die Wappen-Distel. Sie schmiegt sich an das alte Mauerwerk von 1689 und versteckt sich hinter den Hortensien. Welcome! Dahinter gibt es manch anderes zu entdecken von Mode, Accessoires bis zu Kunst und Kleinobjekten. Distelfreunde und die, die es werden wollen, sind willkommen.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz