Roma e Toska

Wenn es Frühling wird.

Manchmal denkt man, die Welt würde stillstehen vor Entsetzen, den Atem anhalten und den Blick nicht abwenden können von dem Grauen. Und daneben wird es Frühling, ganz vorsichtig und schüchtern, so als dürfte es nicht sein. Für einen Moment fühlt sich alles beschwingt an und berauschend, das erste Grün, die warme Sonne, das Salzwasser, das zu duften beginnt nach Sand und Algen, das tiefe Blau des Himmels. Wir sitzen am Tisch bei einem Glas Wein und einem guten Essen und jemand sagt, ach, es wird ein schöner Frühling. Die anderen bleiben stumm. Für viele von uns wird es das, weil wir uns verliebt haben, weil uns etwas gelungen ist oder wir uns einfach freuen, dass wir in Sicherheit leben. Auf der Insel wirkt es so, beinahe wie immer, mit den Restaurants, die sich langsam füllen und den Straßen, auf denen Urlauber schlendern. 

Ach, könnte es doch solch ein Frühling sein, in dem kein Krieg herrscht Mitten in Europa, und keine Menschen unschuldig sterben. Bei »Sankt Petersburg«“ würden wir an die weißen Nächte denken und ich an meine Tochter Toska, auf die dort ein Stipendium wartete. In einem meiner letzten Blogbeiträge habe ich das Chanson »Le Moriband« von Jacques Brel eingefügt, Juli 1961 (www.blog.romaetoska. com). Er singt, als würde es aus ihm herausbrechen: Ich möchte, dass Ihr lacht, dass Ihr tanzt, dass Ihr fröhlich seid wie die Verrückten… 

Die Dinge liegen so nah beieinander, das Scherzen und das Traurigsein. Wir dürfen uns das Erste nicht verbieten, auch wenn woanders Schreckliches geschieht, genauso wenig wie die Freude an dem Schönen aufgeben. Beides besitzt eine Kraft, die zum Leben gehört. Nur wird es sich in diesem Frühjahr anders anfühlen, so geht es mir jedenfalls, nicht mehr naiv und unschuldig, nicht mehr unachtsam, sondern mit einer Dankbarkeit, dass ich mich amüsieren darf, dass ich Mode machen kann. Noch vor kurzem hatte ich von der Fashion Week in Kiew berichtet. Nun müssen die Designer:innen in der Ukraine um ihr Leben fürchten.

Ich werde nicht wie Balenciaga auf der letzten Show in Paris mit Bildern der Tristesse auf das Kriegsgeschehen reagieren. Stattdessen mache ich das Beste, was ich als Kreative tun kann: Frauen individueller, selbstbewusster, selbstverständlicher aussehen lassen. Ähnlich hat es Miuccia Prada formuliert: die Mode hat mehr denn je, dem Menschen zu dienen. (»More and more, I believe our job is in the service of people.«)

Am 25. und 26. März zeigen wir den Echtschmuck von Meerglanz aus Berlin bei uns in der Poolstrasse 30 in Hamburg. SYLT  life Leserinnen sind herzlich eingeladen auf eine Stippvisite auf dem Festland.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz

PS: Roma e Toska spendet von jedem Kauf eine Summe an das Deutsche Rote Kreuz »Nothilfe Ukraine«.