Advent und nochmal Kind sein

Das – ist – das – Haus – vom – Ni – ko – laus. Wer kennt es noch, das Strichhäuschen, das man mit Buntstift auf das Papier malt oder mit dem Finger in den Sand? Jede Silbe ein Balken, auf der linken Seite geht es hoch, dann das Dach, rechts abbiegen in die Horizontale, nun diagonal, noch den Boden, schräg nach oben und geschwind die letzte Wand. 

Unsere Zeit ist gerade ernst, bitter ernst. Kein Tag vergeht ohne schlechte Nachrichten, selbst die sonst so sinnfreie Luxuswelt bemüht sich um Antworten im Krisenmodus, entdeckt endlich die Nachhaltigkeit, diskutiert den Klimawandel. Der Erhalt von indigener Kultur wird zum Trend für 2022. Wie ehrlich wir mit all dem sind, daran werden uns die nachfolgenden Generationen bemessen. 

Nun ist mal wieder Advent, und der Nikolaus hat brav seine Geschenke verteilt. Aber wie entdecken wir das Kind in uns, um das Staunen und die Freude zurückzuerobern? Hier auf der Insel sollte es doch am besten funktionieren, wo das Leben bei Wind und grauen Wolken förmlich zur Besinnlichkeit einlädt. Ich gehe an den Strand, male das Haus vom Nikolaus und denke mir dazu seine Geschichte aus.

Er hatte es sicherlich warm und kuschelig bei sich, besaß eine Kerze, hatte Süßes zum Essen, überall türmten sich die Geschenke für die Kinder (und Erwachsenen). Gewiss hüllte er sich in einen weichen Schal, den er gleich wieder verschenkte an jemanden, der noch mehr fror als er.

In seinem Haus stand auch ein Tisch mit Zetteln und Notizen, wohin ihn seine Reisen führen sollten. Eifrig schrieb er Briefe an all die Menschen, die sich allein fühlen. Die Kinder schauen inzwischen verträumt aus dem Fenster, wann er wohl kommt, um die Stiefel prall zu füllen mit all den Köstlichkeiten, die am nächsten Tag ein Fest daraus werden lassen.

Den echten Nikolaus gab wirklich, dass er überall hinkommt, dass wissen wir auch, denn er hat ja viele Helferinnen und Helfer. Und wenn es gar zu entlegen ist, dann gibt es ihn ja noch als die Idee vom Nikolaus, die einen liebevoll umhüllt mit der Erinnerung an Schokolade und den Wünschen, die es wert sind, gewünscht zu werden.
Das Geschäft in Kampen auf Sylt ist geöffnet, es lädt ein mit Kerzen, Musik, Kunst und Mode und all den Erzählungen, die dazugehören.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz