Das Streben nach Glück

Roma e Toska und die Philosophie

In unserer Familie tummelt es von Alpha-Männern und Alpha-Frauen, von Besserwissern und jenen, die es eben besser wissen. Ich bin Doktor Phil, meine Töchter studieren Philosophie und mein Mann ist die Philosophie. Jede Kollektion von Roma e Toska ist gleichzeitig auch ein Statement zu den Fragen unserer Zeit, also auch philosophisch zu sehen. So führen die Filmausschnitte, gedruckt auf Seide, von Georges Méliès aus dem frühen 20. Jahrhundert in die Welt der Zauberei, da man die Welt nicht mehr erklären kann. Die Fabeln von Jean de La Fontaine weisen in das entrückte Märchen mit einer moralischen Wende, die »Arabeske und der Persische Garten« fügen Ost und West zusammen und die Wasser-Trilogie fordert auf zum Nachdenken über unsere Zeit. 

Wenn die aktuelle Edition »Kopernikus« mal eben so den Himmel zerlegt und wieder neu zusammenbaut, dann ist es in seiner Dimension kaum zu toppen. Das große Universal-Genie des frühen 16. Jahrhunderts läutete ein neues Zeitalter ein und ist in seinem radikalen Denken so aktuell wie nie zuvor: »Disruptive« nennt man es neudeutsch, und damit ist man gleich bei Elon Musk, seinem Tesla und der Reise zum Mars, schließlich braucht man einen Plan B, wie er lauthals verkündet. Braucht man? Sorgen wir uns doch erst einmal um unseren Planeten, für den es keinen »Planet B« gibt, wie Emmanuel Macron in seiner flammenden Rede vor den Vereinten Nationen sagte, und kümmern wir uns um das Glücklichsein. Wie wäre das, so kurz vor Weihnachten?

Und damit bin ich wieder am Anfang meiner kleinen Kolumne und den Familien- Philosophen. Es gibt eine Vortragsserie in der Milchstraße 11, meinem Concept-Store in Hamburg-Pöseldorf, die heißt »Töchter erklären Müttern die Welt« (Väter dürfen sich als miteingeschlossen fühlen). Roma (25) ist die Hauptreferentin, die in der Vergangenheit uns Erwachsenen von Leibnitz und Voltaire, von Camus, Hanna Arendt, Wittgenstein oder Hobbes, Locke und Rousseau erzählte. Vor ein paar Tagen war passend zur Vorweihnachtszeit der Antike Philosoph Epikur (341 – 270 v. Chr.) an der Reihe und alle lauschten. Wer sind wir in unserem Wollen, in unserem Streben nach Glück, oder nennen wir es gar Glückseligkeit? Sind wir jung, leitet uns die Neugierde, sind wir älter oder gar alt, ist es die Erfahrung? Fügen wir beides zusammen, so erfüllt sich die Philosophie in ihrer Vollkommenheit. – Damit ist doch schon alles gesagt – oder?! Das andere sind die Details auf dem Weg dahin, wie sehr wir uns quälen, den natürlichen und künstlichen Begierden folgen, um sie in Einklang mit uns zu bringen. 

Es gibt von Epikur nur ein vollständig erhaltenes Dokument, den Brief an Menoikus. Alle anderen Schriften sind bei dem Brand der Bibliothek von Alexandria vernichtet worden. Ein Brief, der nach über 2000 Jahren seine Gültigkeit nicht verloren hat, der Roma zum Studium der Philosophie brachte, den die Mächtigen auf ihrem Nachttisch brauchen, und mit dem wir nachdenklich werden. 

Was sind unsere tiefen Bedürfnisse, die wir befriedigen möchten? Ist es das kurze schnelle Glück, der eilige Zug an der Zigarette, der Porsche zum Nikolaus, die Brillanten im Haar oder der Kurztrip in die Sonne? Vielleicht?! Ob wir es wirklich brauchen, müssen wir für uns selbst entscheiden! – Worum geht es essenziell, wenn ich Neugierde und Erfahrung im Leben verknüpfe, mit den richtigen Fragen, dem kritischen Blick hinter die Kulissen, ohne vorgefertigte Antworten? Wo und wie finde ich meinen Platz in der Welt, die es gleichzeitig zu bewahren gilt?

Es wird über die Feiertage sicherlich viele Gelegenheiten geben bei uns im alten Kapitänshaus und Flagship-Store von Roma e Toska über die Philosophie, das Glück, Kopernikus und unsere Welt zu diskutieren und zu plaudern. Ganz nebenbei bin ich dann noch die Designerin, die für die Editionen verantwortlich ist, und ein wenig Backstage erzählen kann, was so Trend ist und wie man was trägt oder nicht trägt. Weniger ist mehr, aber das Richtige darf es schon sein! Wir sehen uns.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz