Vom Schreibtisch
in die Welt

Wie entsteht eigentlich eine Kollektion, werde ich immer wieder gefragt. Wie ist es zu Roma e Toska gekommen, folgt dann schnell die zweite Frage an mich. Das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge, die allerdings gemeinsam haben, dass es immer ein Weg von vielen Zufällen ist, bestimmt von Instinkt, Intuition und einer enthemmten Kreativität, die sich nicht darum schert, ob es erfolgreich wird oder nicht. Nur so kann eine Vision entstehen, im Kleinen wie im Großen.

Ähnlich wie Lanvin in Paris, begann Roma e Toska 2001 als kleines exklusives Modelabel für Mädchen. Zuerst waren es nur die Einzelstücke für meine eigenen Töchter Roma (damals 7 Jahre alt) und Toska (damals 4 Jahre alt), die ich entwarf und noch selbst nähte. Wenig später waren die Kollektionen rund um die Welt in den großen Department Stores zu finden. Aus den Beiden von damals sind selbstbewusste junge Frauen geworden, die Philosophie studieren und an der kreativen Entwicklung des Unternehmens ihren Anteil besitzen. Seit 2015 konzentriert sich mein Label mit Sitz in Hamburg und Flagship Store in Kampen ausschließlich auf High-fashion Women. Ein neuer Online Shop kommt diese Woche dazu.

Bis dahin war es allerdings ein turbulentes Auf-und-Ab, denn Mode ist so ziemlich das Schwierigste, was ich in meinem Leben gemacht habe. Zwei Kollektionen entwerfe ich pro Jahr und dazwischen diverse kleinere Editionen. Geld fehlt an jeder Ecke, um meine überbordenden Ideen zu finanzieren. Immer wieder bin ich in kreative Sackgassen gelaufen und musste während des Produktionsprozesses zur Krisenmanagerin werden. Knöpfe aus Nepal kamen nicht an, da der Betrieb von Aufständischen besetzt war. Ein edler Stoff zerlegte sich unter den Nähmaschinen, Koffer mit der Kollektion wurde an eine falsche Messe ausgeliefert. Mein Humor hat mir immer aus der Patsche geholfen und dazu die vielen, vielen Freunde und Kundinnen, die immer zu mir hielten und an die Marke glaubten. Das ist wichtig, sonst schafft man es nicht, auf dem internationalen Fashion Karussell mitzufahren. In dieser Woche wird Roma e Toska 18 Jahre alt.

Wie entsteht nun eine Kollektion? Für mich gilt es nicht, den Trends nachzulaufen, sondern eigene zu schaffen, die dann wieder den großen Richtungen auf den internationalen Laufstegen begegnen. Dafür sammele ich alles, was mir in der Vorbereitung zu einem Thema über den Weg läuft, lese Bücher, manchmal mehrere gleichzeitig, besuche Ausstellungen, überfliege die Titelseiten der Zeitungen, fahre mit dem Zug kreuz und quer durch die Lande und lasse mir Geschichten aus der Welt erzählen. Ich bin wie eine Kulturhistorikerin, meine Profession, die recherchiert und gleichzeitig ihren Gefühlen folgt.

Der Besuch der Stoffmesse in Paris mit meiner Tochter Toska liefert die ersten Indizien, ob ich einen Trend am Schopfe gepackt habe oder viel zu abseitig bin. Dort werden die Farben für die nächste Saison ausgegeben, die Stoffe mit ihren Charaktereigenschaften gezeigt: Sind es leichte fließende Materialien, Karos, schwer Bouclés, Muster oder Uni.

Und dann geht es zurück an meinem Schreibtisch. Neben meinen sparsamen Skizzen stehen lange Notizen von Gedanken und Assoziationen, die sich in meinem Blog weiter ausbreiten. Erste Silhouetten und Schnitte werden angefertigt, Prototypen im Hamburger Atelier in der Milchstrasse 11 genäht. Es wird probiert, verworfen, verändert. Alles muss eine große Linie bekommen, Revers, Manschetten, Taschen, Knöpfe … sie folgen einer Storyline. Die Kollektion wird zu meiner Geschichte, die ich mit den Mitteln von Stoffen und Modellen erzähle. Mode ist für mich ein unendlich weites Feld, das so viele Ebenen miteinschließt und manchmal fühlt es sich an, als wäre es alles.

Birgit Gräfin Tyszkiewicz